La Fortezza Alta
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Fast 50 Jugendliche und junge Erwachsene und deren Betreuungspersonen haben sich heute Morgen von Saarbrücken aus im Sonderzug der Ev. Jugend im Rheinland auf den Weg zum Kirchentag nach Hannover begeben. Auf der achteinhalb-stündigen Fahrt erwartet die Fahrgäste vor allem die Gelegenheit, schon vor dem heute Abend beginnenden Glaubensfest Kontakte zu jungen Menschen aus anderen Regionen zu knüpfen.
Saarbrücken. „Centralbahn Sonderzug“ steht in alter Schrifttype auf dem Zug an Gleis 12. Ein Modell der 90er-Jahre, oben gelblich, unten dunkelblau. Damit ist der Zug älter als die meisten Reisenden, die sich an diesem Mittwochmorgen mit der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend Saar (aej saar) von Saarbrücken auf den Weg nach Hannover machen, wo heute der Deutsche Evangelische Kirchentag eröffnet wird.
Um Viertel vor Sieben am Morgen ist die Stimmung noch gesetzt. Manche Jugendliche sind noch im Halbschlaf, andere schon voller Tatendrang. Johann und Maximilian aus St. Wendel (17 Jahre) sind schon seit zehn Jahren auf Kirchentagen unterwegs. Auch in Hannover freuen sie sich auf die besondere Atmosphäre des protestantischen Kirchentreffens und auf die vielfältigen Angebote zum Zuhören und Mitmachen. Auch ein Zentrum für Jugendliche und Jugendarbeit wird es in Hannover in einer Messehalle geben. Lia aus Nalbach und Alina aus Diefflen (14 Jahre) sind gespannt auf die Gottesdienste, vor allem aber darauf, Leute kennenzulernen. Dazu haben sie schon auf der Fahrt Gelegenheit. Denn zu den knapp 50 saarländischen Teilnehmenden werden in den kommenden achteinhalb Stunden mehrere hundert weitere dazustoßen – in Trier, Koblenz, Köln, Neuss sowie in den Städten im Ruhrgebiet.
Im Zug wird man empfangen vom nostalgischen Charme eines Fußballweltmeisterzugs aus früheren Zeiten: Gemütliche, großzügige rot bezogene Sessel in den Abteilen, Fenster zum Auf- und Zuschieben, es riecht (noch) muffig nach Abstellgleis. Zum Partywagen, der mit mehreren Theken und – ein bisschen aus der Zeit gefallen – mit Bluetooth-Musikboxen und bunten LEDs ausgestattet ist, gelangt man über klapprige Übergänge zwischen den Waggons. Die Toiletten wirken im Vergleich zu heutigen Modellen geradezu luxuriös, mit Fliesen und Porzellan. Der Zug hat „Aura“, um es in der Jugendsprache zu sagen.
Mit einem Sonderzug zum Kirchentag? Organisiert hat das die Evangelische Jugend im Rheinland. Die Idee stammt ursprünglich aus den evangelischen Jugendreferaten der Städte in Nordrhein-Westfalen, sie wurde dann aber von dem Jugendverband der rheinischen Landeskirche übernommen und auf deren ganzes Gebiet bis hinunter nach Saarbrücken ausgeweitet, erzählt Julian Pannen aus Essen. Er ist ehrenamtliches Mitglied im Vorstand der Evangelischen Jugend und begleitet in dieser Funktion das Zugprojekt vom Saarland bis zum Ziel. Der 26-jährige Student ist sich sicher: „Das wird eine starke Experience, das ganze Rheinland mit dem Zug zu durchfahren“. Er hofft auf eine schöne Gemeinschaftsaktion. Dass sich möglichst viele Leute im Zug kennenlernen und vielleicht sogar später auf dem Kirchentag wiedersehen. Auch Noel Bosch, hauptamtlicher Chef-Organisator des Zugs, spricht von der „intensivsten Fahrgemeinschaft“ zum Kirchentag. Auch als der Zug sich bereits entlang der Saar in Richtung Trier in Bewegung setzt, ist er weiter im Treiben: Musikanlage checken, Kirchentags-Motto-Schals verteilen, reservierte Abteile kennzeichnen, das Team koordinieren und dabei die Fahrtzeit im Auge behalten. Es gibt immer viel zu tun.
Dabei war man überrascht vom eigenen Erfolg. „Wir waren anfangs skeptisch, ob wir die Plätze vollkriegen“, verrät Christina Baehr vom Amt für Jugendarbeit in Wuppertal. Nach kürzester Zeit war aber klar, dass das überhaupt kein Problem wird. Die 800 Tickets für die 13 Waggons waren rasch ausgebucht. Das Programm zu gestalten sei die eigentliche Herausforderung gewesen., sagt Christina Baehr. Mit mehreren Kooperationspartnern, darunter dem Hilfswerk Brot für die Welt und der Landesjugendakademie in Altenkirchen, habe man zahlreiche Bildungs- und Unterhaltungsangebote zusammengestellt, um die tagesfüllende Fahrt kurzweilig zu gestalten. Zudem habe der Partywagen bestückt werden müssen, sowohl personell wie inhaltlich. An diesem Morgen ist dort noch nicht viel los. Die saarländischen Teilnehmenden als „Startgäste“ werden begrüßt. Ansonsten gibt es erstmal nur Kaffee, im Lauf des Vormittags wird auch die Musikanlage angeworfen, ab Mittag soll es hier Club-Stimmung geben, für die, die schon einmal vor dem Glaubensfest in Hannover feiern wollen. Die eigens erstellte Zug-Hymne wird bis dahin noch viele Male über die Musikboxen laufen.
Im Mittelpunkt der Fahrt steht das Gemeinschaftserlebnis. Statt mit der eigenen kleineren Gruppe im Bus zum Kirchentag zu fahren, hat man hier die Gelegenheit Kontakte zu vielen anderen Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus anderen Regionen zu knüpfen. Das allein sei schon immer ein Highlight, so Julian Pannen.
Als der Zug im 8 Uhr pünktlich in Trier einfährt, warten dort schon die nächsten Fahrgäste. Ob er es auch noch nach Hannover zur Eröffnung schaffen wird? Das Team ist zwiegespalten. Organisator Noel Bosch nimmt es sportlich: „Diese achteinhalb Stunden hin und zurück, die kann uns keiner mehr nehmen“, sagt er.
Der Kirchentag endet am Sonntag mit einem großen Abschlussgottesdienst. Den werden die Sonderzugfahrgäste nicht mehr miterleben können. Aufgrund der langen Fahrtzeit bis nach Saarbrücken geht es schon ab 10 Uhr zurück – vielleicht mit neuen Bekanntschaften, aber sicher mit vielen Erlebnissen im Gepäck.
Hintergrund
Der Deutsche Evangelische Kirchentag wurde 1949 als christliche Laienbewegung gegründet und besteht bis heute als unabhängiger Verein fort. Alle zwei Jahre bringt er als Dialog- und Kulturevent viele tausend Menschen in einer anderen deutschen Großstadt zusammen. Der diesjährige Kirchentag findet vom 30. April bis 4. Mai 2025 in Hannover statt. Er steht unter der Losung „mutig - stark – beherzt" (1 Kor 16,13-14). Der nächste Kirchentag wird 2027 in Düsseldorf stattfinden. Weitere Informationen unter kirchentag.de.